Wir erleben ein immer stärkeres Auseinanderdriften von Arm und Reich. Wie stehen Sie dazu, und was, sofern notwendig, kann der Bundestag dabei tun, um sozial schwache Gruppen wie insbesondere Alleinerziehende oder Ältere zu unterstützen?
Diese Antworten finden sie auch - ggfs. leicht gekürzt - vertont in unserem Podcast-Angebot.
Marvin Bellgardt, parteilos
Arm und Reich hat es schon immer gegeben und wird es vermutlich auch immer geben. Bei den Armen müssen wir uns aber tatsächlich Gedanken machen... 1. Wieso ist jemand in die Armut gerutscht? Und 2. Wie können wir dieser Person helfen und sie unterstützen, um ein faires und gerechtes Leben zu führen. Dieses System sollte aus Sicht des Staates und der Bevölkerung gerecht sein. Heißt, wer in der Armut ist und etwas erreichen, bzw. leisten möchte, sollte die notwendige Hilfe bekommen. Wer dies, von Grund auf, nicht möchte, kann auch keine Unterstützung des Staates erwarten.
Wer Rente bezieht hat bereits seinen Teil geleistet und sollte dafür auch entsprechend entlohnt werden. Es kann nicht sein, dass das Rentenalter immer weiter erhöht wird. Für ein breiter aufgestelltes Rentensystem und die Senkung von Steuergeldern wäre ich dafür, sich Gedanken zu machen, ob es nicht sinnvoll wäre, dass Beamte auch in die Rente einzahlen und keine Pension mehr erhalten.
Maik Brückner, Die Linke
Die Linke fordert eine Vermögenssteuer für Millionäre, eine Kindergrundsicherung, bezahlbare Mieten, Streichung der Mehrwertsteuer auf Grundnahrungsmittel und eine Rente, die den Lebensstandard sichert. Niemand soll Angst vor Altersarmut haben, und kein Kind soll in Armut aufwachsen müssen. Steuergeschenke für Reiche müssen beendet und öffentliche Investitionen in Bildung, Gesundheit und Wohnen massiv ausgeweitet werden.
Tim Heckeroth, FDP - diese Antwort gilt für die Fragen 3 und 4 zusammen
Die wachsende soziale Ungleichheit ist eine große Herausforderung. Wir müssen dafür sorgen, dass wirtschaftlicher Erfolg nicht nur wenigen zugutekommt, sondern dass jeder Mensch Aufstiegschancen hat – unabhängig von Herkunft oder sozialem Hintergrund. Besonders Alleinerziehende und ältere Menschen brauchen gezielte Entlastungen, etwa durch eine bessere steuerliche Berücksichtigung von Betreuungskosten oder eine stärkere Förderung von Weiterbildungsmaßnahmen.
Unser Wohlstand ist nicht selbstverständlich. Wenn wir ihn erhalten wollen, braucht es grundlegende Reformen – nicht nur in der Politik, sondern auch ein Umdenken in der Gesellschaft. Leistung muss sich wieder lohnen, deshalb wollen wir Steuerlasten senken, Bürokratie abbauen und gezielt in Bildung und Innovation investieren. Wir müssen Fachkräfte halten, Unternehmensgründungen erleichtern und den Mittelstand entlasten. Gleichzeitig darf der Sozialstaat nicht weiter aufgebläht werden, sondern muss gezielt denen helfen, die Unterstützung wirklich brauchen.
Deutschland braucht eine klare wirtschaftspolitische Wende, um wettbewerbsfähig zu bleiben. Wenn wir die Weichen jetzt richtigstellen, können wir den Wohlstand für kommende Generationen sichern.
Ottmar von Holtz, Grüne
Es gibt eine ganze Reihe von Maßnahmen, wie Menschen unterstützt werden können, z.B. durch
• einen Mindestlohn nach europäischem Standard (15 Euro die Stunde)
• bezahlbares Wohnen, erweiterte Mietpreisbremse auch für ältere Wohnungen und mehr Sozialwohnungen
• gezielte Entlastung von Alleinerziehenden durch eine Steuergutschrift
• eine stabile Rente, indem der Mindestlohn angehoben wird, Minijobs abgebaut werden, das Rentenniveau beibehalten wird und wir Schritte auf den Weg in eine Bürgerversicherung einleiten
• das Versprechen, am Bürgergeld festzuhalten.
Justus Lüder, CDU
Das Auseinanderdriften von Arm und Reich stellt unsere Gesellschaft tatsächlich vor große Herausforderungen, und schadet auch der Wirtschaft. Doch statt hier nur umzuverteilen, sollten wir die Menschen grundsätzlich dazu befähigen, ihre Chancen selbst zu nutzen und den Wohlstand selbst zu erarbeiten. Das wiederum stärkt die Wirtschaft und den Wohlstand. Für Alleinerziehende und Ältere Menschen ist dies selbstverständlich schwieriger umzusetzen, deswegen müssen die Rahmenbedingungen dementsprechend gestaltet und angepasst werden. Betreuungsangebote müssen flexibler gestaltet werden, Steuerentlastungen für die arbeitende Mitte eingeführt werden.
Für ältere Menschen wird die Aktivrente eingeführt, sodass es attraktiver für sie wird, über das gesetzliche Rentenalter hinaus zu arbeiten und einen Zuverdienst zu ermöglichen, der bis zu 2000€ monatlich steuerfrei bleibt. Es ist für eine florierende Wirtschaft und ein starkes Deutschland unabdingbar, die Chancengleichheit zu erhöhen, damit alle ihr Potenzial entfalten können. Wohlstand, der dadurch entsteht, kann gezielt für soziale Sicherheit und die Unterstützung wirklich Bedürftiger eingesetzt werden. Außerdem ist auch eine starke Wirtschaft ein Garant für eine bessere Versorgung von Bedürftigen. Eine starke Wirtschaft bedeutet mehr Menschen in Lohn und Brot. Daraus ergeben sich weniger Menschen, die auf staatliche Unterstützung angewiesen sind. Aber auch mehr Einnahmen für den Staat mit denen unter anderem Menschen auch unterstützt werden können.
Grundsätzlich sollten wir darauf achten, dass wir eine gute Zugänglichkeit zu Unterstützungsprogrammen gewährleisten. Dies heißt manchmal auch auf ein Programm, welches einen Nischenbereich abdeckt zu streichen und ein umfassenderes Programm damit zu stärken. So sparen wir auch bei Verwaltungskosten und reduzieren Bürokratie.
Daniela Rump, SPD
Das Auseinanderdriften von Arm und Reich gefährdet unseren gesellschaftlichen Zusammenhalt. Der Bundestag muss entschieden handeln: mit einer gerechten Steuerpolitik, die sehr reiche Menschen stärker belastet und mit einer Erhöhung des Mindestlohns. Familien brauchen eine auskömmliche Kindergrundsicherung, während für ältere Menschen stabile Renten und Unterstützung im Pflegebereich Priorität haben müssen.
Thorsten Althaus, AfD
Wir streben einen wirtschaftlichen Zustand an, in dem möglichst viele Bürger aus eigener Kraft ein auskömmliches, selbstbestimmtes Leben führen. Für Situationen, in denen das nicht möglich ist, existieren die Systeme der Grundsicherung: die Sozialhilfe bei Erwerbsunfähigkeit, die Grundsicherung für Arbeitssuchende und die Grundsicherung im Alter, wenn die Rente nicht reicht und kein Vermögen vorhanden ist. Das nicht zielführende Bürgergeld wollen wir mittels unseres Konzepts „Aktivierende Grundsicherung“ neugestalten. Die übrigen Systeme der Grundsicherung behalten wir bei wie bisher.
Wir unterstützen sinnvolle Maßnahmen, die Menschen mit Einschränkungen eine bessere Teilhabe am gesellschaftlichen Leben ermöglichen. Deshalb stehen wir ein für den Erhalt spezialisierter Förderschulen, die den Lebensweg behinderter Menschen erleichtern. Die häusliche Betreuung Behinderter durch Angehörige wollen wir besserhonorieren und bürokratische Auflagen abschaffen, wie zum Beispiel die eingeschränkte Nutzung des Behinderten-PKW durch pflegende Angehörige. Behinderten in Werkstätten möchten wir durch Mittelumschichtung den Erhalt des Mindestlohns ermöglichen; ein weitestgehend selbstbestimmtes Leben für Menschen mit Einschränkungen ist unser übergeordnetes Ziel.
Sebastian Baacke, Volt
Dies ist ein sehr komplexes Thema. Zunächst einmal setzt sich Volt für die (Wieder-)Einführung einer Vermögenssteuer ein, die progressiv ausgestaltet sein soll – also sehr große Vermögen werden auch prozentual höher besteuert als kleinere große Vermögen. Eine solche Progression soll es auch bei der Erbschaftssteuer geben. Dies versetzt den Staat finanziell in die Lage, niedrige Einkommen beispielsweise durch eine Mehrwertsteuerbefreiung von Grundnahrungsmitteln zu entlasten.
Darüber hinaus schließen wir uns der DGB-Forderung nach einem Mindestlohn von 60% des Medianlohns an, Stand Ende 2024 wären das 14,61 Euro pro Stunde gewesen. Volt setzt sich zudem für eine Altersgrundsicherung über Armutsniveau ein, gegenfinanziert unter Anderem dadurch, dass alle Erwerbstätigen zur Finanzierung der Sozialversicherungssysteme herangezogen werden. Elternschaft und ehrenamtliche Tätigkeit soll auf die Rente angerechnet und der Niedriglohnsektor reformiert werden, um die Armutsfalle Minijob zu beseitigen.
Langfristig werden diese Entwicklungen nur durch einen schrittweisen Umstieg von der umlage- zur kapitalgedeckten Rentenversicherung wie beispielsweise in Norwegen möglich sein. Alleinerziehende profitieren mit Volt von einem Ausbau der Kinderkrankentage, einer Anhebung des Kinderkrankengeldes auf 100% des ausgefallenen Nettoentgeltes sowie von einem besonderen Kündigungsschutz.