Müssen in Bezug auf Integrationspolitik und Fachkräftemangel neue Wege beschritten werden, und welche?
Diese Antworten finden sie auch - ggfs. leicht gekürzt - vertont in unserem Podcast-Angebot.
Thorsten Althaus, AfD
Leitgedanke bei jeder Form von Zuwanderung müssen die Integrationsfähigkeit und Integrationswilligkeit von Migranten sein und die Integrationsmöglichkeiten der Aufnahmegesellschaft und ihres Staates. Die klassischen Einwanderungsländer wie z. B. Kanada oder Australien handeln seit langem nach diesem Prinzip. Trotz millionenfachem Wanderungsdruck auf Deutschland in den zurückliegenden Jahren – Zuzüge seit 2010 etwa 15 Millionen, vielfach auf illegale Weise und mit illegalen Motiven - hat die Politik die hierdurch entstandenen und entstehenden Probleme ignoriert und verdrängt. Angesichts der massiven Entfremdung in unseren Städten und gewachsenen Parallelgesellschaften muss die Integrationsfähigkeit unseres Landes erst wiederhergestellt werden.
Falsche Anreize in der Sozialpolitik, die bisher nur einen geringen Beitrag zur Integration geleistet hat, werden wir beenden. Die Teilhabe an unserer freiheitlich demokratischen Gesellschaft ist an Voraussetzungen geknüpft. Dazu gehören das Erlernen der deutschen Sprache und das Anerkennen unserer Werte bzw. unseres Rechtsstaates. Leistungsbereitschaft, Anpassungswille und eine bewusste Bejahung der deutschen Lebensverhältnisse sind Voraussetzung, um voll akzeptiert zu werden und einen Mehrwert für alle zu bilden.
Wir begrüßen die Zuwanderung qualifizierter Fachkräfte, sofern diese zum Erfolg unseres Landes sowie zur Stärkung des Wirtschaftsstandorts Deutschland beitragen können. Das gilt für alle Berufsfelder, in denen bei uns Mangel herrscht., beispielsweise im Handwerk, im Gesundheitswesen, in naturwissenschaftlichen und IT-Berufen. Beenden werden wir dagegen den Irrweg der Vermischung von qualifizierter Zuwanderung und humanitärem Schutz. Vor jeglicher weiterer außereuropäischer Fachkräfteeinwanderung werden wir zunächst die heimischen Potentiale ausschöpfen. Geeignete außereuropäische Arbeitskräfte werden wir danach bedarfsgerecht nach strikten Kriterien auswählen.
Sebastian Baacke, Volt
Ich habe selbst im letzten Jahr mit drei kenianischstämmigen Partner*innen eine neue Firma gegründet, die Arbeitgeber bei der Gewinnung und Migration internationaler Fachkräfte unterstützen möchte. Deutschland braucht zum Erhalt seines Wohlstandes 400.000 migrantische Fachkräfte pro Jahr. Diese Herausforderung ist nur zu bewältigen, wenn es hunderte Agenturen zur Unterstützung von Migration und Integration gibt.
Gleichzeitig müssen Arbeitgeber zur Bewältigung ihrer Fachkräftebedarfe lernen, kompromissbereit hinsichtlich Sprachkenntnissen und anderen Qualifikationen zu sein. Volt unterstützt sie von staatlicher Seite durch die Einführung kostenloser Sprachkurse für alle Zielgruppen, einer internationalen Arbeitsagentur sowie besserer Rahmenbedingungen für lebenslanges Lernen.
Marvin Bellgardt, parteilos
Wir müssen in Deutschland mehr berufliche Qualifikationen anerkennen. Wie oft habe ich es bereits selbst erlebt, dass nach Deutschland Geflüchtete nicht in ihrem oder einem ähnlichen Beruf arbeiten können, da ihre mitgebrachte Qualifikation nicht anerkannt wird. Wir reden über Personalmangel und setzen diese Menschen nicht fachgerecht ein. Dies ist selten zu verstehen.
Maik Brückner, Die Linke
Ja! Die Anerkennung ausländischer Abschlüsse muss erleichtert werden, und wir brauchen eine zügige Entfristung von Aufenthaltstiteln für arbeitende Migrant*innen. Gleichzeitig müssen prekäre Arbeitsbedingungen, insbesondere in Pflege und Gastronomie, verbessert werden.
Tim Heckeroth, FDP
Ja, Deutschland muss neue Wege beschreiten, um die Fachkräftezuwanderung effizienter zu gestalten und eine erfolgreiche Integration zu gewährleisten. Ein zentrales Problem ist die zu langsame Anerkennung ausländischer Abschlüsse. Durch die Standardisierung der Verfahren, den Einsatz von Künstlicher Intelligenz für Übersetzungen und Zuordnungen sowie eine vollständig digitale Antragstellung könnten Prozesse erheblich beschleunigt werden. Ziel muss es sein, dass zumindest einfache Fälle innerhalb eines Monats entschieden werden. Zudem sollten Verwaltungsvorgänge stärker auf Englisch angeboten werden, um ausländischen Fachkräften den Start in Deutschland zu erleichtern. Dennoch bleibt das Erlernen der deutschen Sprache essenziell für eine erfolgreiche Integration.
Damit Fachkräfte nicht nur nach Deutschland kommen, sondern auch langfristig bleiben, müssen Kommunen gemeinsam mit Unternehmen, Kammern und Verbänden Unterstützungszentren aufbauen, die gezielt bei der sozialen und beruflichen Eingliederung helfen. Ein weiterer Ansatz ist die gezielte Öffnung der Zeitarbeit für Fachkräfteeinwanderung, um kurzfristig Arbeitskräfte in benötigten Branchen bereitzustellen. Dies würde Unternehmen mehr Flexibilität bieten und den Einstieg in den deutschen Arbeitsmarkt erleichtern. Insgesamt braucht es einen modernen, digitalen und unbürokratischen Ansatz, um Deutschland als attraktiven Standort für internationale Fachkräfte zu positionieren.
Ottmar von Holtz, Grüne
Zuwanderung wird zu oft für populistische Narrative missbraucht, die Angst und Misstrauen vor Migrant:innen schüren sollen. Tatsache ist, dass unsere Wirtschaft in den kommenden Jahren verstärkt Fachkräfte aus dem Ausland benötigen wird. Das Problem der Gefährder lösen wir nicht durch wahlloses Abschieben. Sicherheit ist keine Frage der Migrationspolitik. Unbürokratische Anerkennung von Qualifikationen, Investitionen in eine starke Integrationspolitik und eine sinnvolle Prüfung von Aufenthaltstiteln stärken unsere Gesellschaft wirtschaftlich und sozial.
Justus Lüder, CDU
Ja, in der Integrationspolitik und beim Fachkräftemangel müssen dringend neue Wege beschritten werden. Wir stehen vor der Herausforderung, einerseits illegale Migration zu begrenzen und andererseits gezielt qualifizierte Fachkräfte zu gewinnen. Das erfordert eine klare Differenzierung und wirksame Maßnahmen:
Klare Regeln für Migration und Integration
Die Zuwanderung muss stärker gesteuert werden. Wer nach Deutschland kommt, muss sich an unsere Werte und Gesetze halten. Gleichzeitig müssen wir Integrationsangebote wie Sprachkurse und berufliche Qualifizierungen stärken, damit Menschen, die eine langfristige Perspektive haben, schnell Teil unserer Gesellschaft werden können.
Illegale Migration eindämmen – legale Fachkräftezuwanderung erleichtern
Wir müssen zwischen Asylmigration und Arbeitsmigration klar unterscheiden. Während der Missbrauch des Asylsystems unterbunden werden muss, braucht es erleichterte Verfahren für echte Fachkräfte. Bürokratische Hürden für qualifizierte Zuwanderer müssen abgebaut und Anerkennungsverfahren für ausländische Abschlüsse beschleunigt werden.
Ausbildung und Qualifikation in Deutschland verbessern
Der Fachkräftemangel lässt sich nicht allein durch Zuwanderung lösen. Deshalb müssen wir die duale Ausbildung und die berufliche Weiterbildung in Deutschland stärken. Eine bessere Förderung für MINT-Fächer, Handwerksberufe und Pflegeberufe ist entscheidend.
Deutschland als attraktiven Arbeitsstandort positionieren
Deutschland konkurriert weltweit um kluge Köpfe. Neben einer schnelleren Einwanderung für Fachkräfte müssen auch steuerliche Anreize, unbürokratische Visa-Verfahren und eine Willkommenskultur für hochqualifizierte Arbeitnehmer geschaffen werden.
Wirtschaftliche Experimentier- und Sonderzonen einführen
In strukturschwachen Regionen könnten gezielte wirtschaftliche Anreize gesetzt werden, um Fachkräfte dort anzusiedeln und Unternehmen mit weniger bürokratischen Hürden zu unterstützen. Dadurch würde Integration mit wirtschaftlicher Entwicklung verknüpft. Wir brauchen eine klare, pragmatische und differenzierte Strategie: Migration mit Maß und Mitte steuern, den Fachkräftemangel gezielt angehen und gleichzeitig unser eigenes Bildungssystem stärken, damit Deutschland auch in Zukunft wirtschaftlich erfolgreich bleibt.
Daniela Rump, SPD
Deutschland braucht dringend einen klaren Plan zur Fachkräftezuwanderung, kombiniert mit besseren Integrationsmaßnahmen. Gerade Unternehmen wie zum Beispiel KSM in Hildesheim suchen qualifizierte Fachkräfte, die wir durch eine schnellere Anerkennung ausländischer Abschlüsse unterstützen können. Gleichzeitig müssen wir die Integration vor Ort stärken, etwa durch Deutschkurse und Beratungsangebote – auch hier können soziale Träger wie die Diakonie eine entscheidende Rolle spielen. Wir sehen also wieder: Das Streichkonzert im sozialen Bereich anzusetzen, würde uns noch tiefer in Krisen führen.