Ein Gutachten der Wissenschaftlichen Kommission der Kultusministerkonferenz mit dem Titel „Empfehlungen zum Umgang mit dem akuten Lehrkräftemangel“ ist bei Lehrerverbänden und Gewerkschaften auf große Ablehnung gestoßen. Die Kommission prognostiziert unter anderem, dass das Problem des Lehrkräftemangels in den nächsten 20 Jahren präsent bleiben wird, und schlägt als kurzfristige Maßnahmen u.a. vor, Klassen zu vergrößern, die Möglichkeiten zur Teilzeitarbeit einzuschränken und auch Studierende oder bereits pensionierte Lehrkräfte stärker einzusetzen.
Die Lehrergewerkschaft GEW sagte dazu, dass die Arbeitsbedingungen für das Personal dringend verbessert werden müssten, statt ihm mehr Unterricht vorzuschreiben. Das zum gesundheitlichen Ausgleich etwa Achtsamkeitstraining, Meditation und Atemübungen vorgeschlagen würden, sei an Zynismus schon fast nicht mehr zu überbieten. Die Empfehlungen seien weltfremd und schädlich für das gesamte System Schule - falls das Land Niedersachsen diese völlig ungeeigneten Vorschläge auch nur ansatzweise umsetze, kollabiere das System Schule endgültig. Es brauche eine "nie gekannte Investitionsoffensive und keine Vorschläge aus dem Giftschrank der Unzumutbarkeiten“.
Der Vorsitzende des Verbandes Niedersächsischer Lehrkräfte, Torsten Neumann, sagte, Teile des Gutachtens läsen sich wie das Drehbuch eines schlechten Films. So bedeute beispielsweise die Empfehlung, Beschäftigungsreserven bei qualifizierten Lehrkräften zu erschließen, „einzig und allein eine nicht hinnehmbare Überbelastung der bereits am oder über dem Limit arbeitenden Lehrkräfte“. Diese Lehrkräfte verzichteten aus wichtigen Gründen auf einen Teil ihrer Besoldung. Ältere Lehrkräfte hätten ihre Unterrichtsverpflichtung aus Alters- und Gesundheitsgründen, jüngere dagegen aus familiären Gründen reduziert.
Niedersachsens Kultusministerin Julia Willie Hamburg kündigte an, die Ergebnisse des Gutachtens mit den Verbänden beraten zu wollen.
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