Landrat verfasst weitere "Corona-Botschaft" – Radio Tonkuhle Hildesheim
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Der Hildesheimer Landrat Olaf Levonen hat sich mit einer weiteren "Corona-Botschaft" an die Menschen im Landkreis gewandt. Er appelliert darin, gemeinsam dafür zu sorgen, dass der Inzidenzwert auf ein möglichst niedriges Niveau absinke - nur so könne man mit einer allmählichen Rückkehr zur Normalität rechnen. Es dürfe nicht locker gelassen werden, auch wenn es nerve, so der Landrat.

Er kritisiert weiterhin Unklarheiten bei den rechtlichen Bestimmungen: Selbst für Profis sei es schwierig, auf Anhieb zu erkennen, was gerade gehe und was nicht, und die Vorgänge der letzten Zeit schafften kein Vertrauen in die Rechtssicherheit. Ähnliche Kritik habe er, wenn es um die angekündigten Schnelltests gehe, er rechne aber mit einer vernünftigen und zuverlässigen Lösung in den nächsten Wochen. Beim Thema Impfungen ruft Levonen zur Ruhe auf: Die Liefermengen an Impfstoff würden nun wahrscheinlich kontinuierlich ansteigen, so dass alle noch im nächsten Halbjahr ein Impfangebot bekommen könnten. Das neue Impfzentrum in Hildesheim habe Kapazitäten auch für einen "großen Ansturm", und es müsse nun darum gehen, Hausarztpraxen für die Impfungen mit ins Boot zu holen.

Sie finden die Botschaft im Wortlaut unter dieser Meldung.

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"Liebe Mitbürgerinnen und Mitbürger,

vor fast genau einem Jahr habe ich mich mit meiner ersten Corona-Botschaft an Sie gewandt. Normalerweise sind Jahrestage immer ein Grund zum Feiern. Dieses Anniversary ist jedoch anders. Wer hätte im März 2020 ernsthaft geglaubt, dass wir zwölf Monate später immer noch tief in der Corona-Pandemie stecken würden? Denn die Pandemie hat Deutschland weiterhin fest im Griff. Seit einem Jahr befinden wir uns im Landkreis Hildesheim im Krisenmodus mit allen Einschränkungen für Menschen und Ressourcen.

In Niedersachsen bewegen wir uns nun schon seit etlichen Wochen auf einem etwa gleichen Niveau und das trotz des zweiten großen Lockdowns. Ganz langsam scheint eine Wende zum Besseren einzusetzen; doch das sind zarte Knospen. Diese können schnell wieder verwelken, wenn wir uns weiterhin an den Inzidenzen orientieren müssen. Die Fälle in den Einrichtungen für ältere und pflegebedürftige Menschen sind aufgrund der durchgeführten Impfungen zum Glück zurückgegangen. Ausbrüche dort haben immer zu schnell steigenden Fallzahlen geführt, oft verbunden mit schwere Verläufen und bedauerlicherweise einer hohen Sterblichkeit. Aber auch weiterhin können die Inzidenzen schnell wieder nach oben schnellen, nämlich immer wenn sich einige nicht an die notwendigen Regeln halten. Die darauf resultierenden Konsequenzen werden uns dann leider alle treffen, da sich die rechtlichen Restriktionen nun einmal an den Inzidenzwerten orientieren.

Wenn Sie in die diese Woche in Kraft getretene niedersächsische Corona-Verordnung schauen, werden Sie feststellen, dass mögliche Lockerungen unmittelbar abhängig sind von der Höhe des Inzidenzwertes. Also muss es in unser aller Interesse sein, diesen Wert nachhaltig auf ein möglichst niedriges Niveau zu senken. Nur so können wir mit einer allmählichen Rückkehr zu Normalität rechnen. Aber das kann nicht der Staat für Sie gewährleisten; da sind Sie zuallererst selbst gefordert.

Deshalb lassen Sie nicht locker, auch wenn es nervt. Die notwendigen Regeln sind uns doch mittlerweile schon ins Blut übergegangen. Tragen Sie auch weiterhin die Mund-Nasen-Bedeckung auf und halten Sie Abstand. Der Rest kommt dann von ganz allein.

Abschließend noch ein paar persönliche Anmerkungen zu den Themen Verordnung, Impfen und Testen:

Corona-Verordnung
Verstehen Sie die aktuelle Rechtslage? Wenn Ja: herzlichen Glückwunsch. Denn selbst für uns Profis ist es mittlerweile schwierig auf Anhieb zu erkennen, was geht und was nicht. Gerade die Verkündung der aktuellen Niedersächsischen Corona-Verordnung war, sagen wir mal, „holprig“. Etliche Umstände, wie das Thema der Testungen und die Verfahrensweise bei unterschiedlich hohen Inzidenzen, haben zu erheblichen Irritationen geführt. Die erneute Korrektur der Verordnung durch die Landesregierung am Abend vor ihrem Inkrafttreten ohne Anhörung der kommunalen Spitzenverbände hat nicht nur bei uns für erhebliche Verwirrung gesorgt (bspw. Baumärkte). So schafft man meines Erachtens - bei allem Verständnis - kein Vertrauen in die Rechtssicherheit.

Impfen
Die Entwicklung bei den Impfungen ist aus meiner Sicht mittlerweile erfreulich. Aber der Weg bis hierhin war schwierig; insbesondere weil sich einige Spitzenpolitiker im Vorfeld unnötigerweise medial zu euphorisch geäußert hatten. Auch hierdurch wurden nicht einzuhaltende Erwartungen geschaffen. Das fand ich sehr ärgerlich und auch sinnlos. Statt dankbar und stolz zu sein, dass es gelungen ist, innerhalb kürzester Zeit überhaupt einen verlässlichen Impfstoff zu entwickeln (und dann auch gleich in mehreren Alternativen), sind wir in eine Negativdebatte abgerutscht.

Dazu sage ich nur = RUHIG bleiben.

Ich persönlich gehe davon aus, dass die Liefermengen nun wie angekündigt kontinuierlich steigen werden und wir alle noch im nächsten Halbjahr ein Impfangebot bekomme werden. Das sollten Sie dann auch nutzen! Auch wenn es keine Impfpflicht gibt. Denn machen wir uns nichts vor: das Virus entwickelt sich weiter. Umso wichtiger ist es erst einmal eine Grundimmunisierung in die Bevölkerung zu bekommen. Sonst sind wir im Rennen mit dem Virus nicht einen, sondern drei Schritte hinterher.

Negativ fällt mir allerdings momentan auf, dass teilweise grundsätzliche „Verteilungskämpfe“ auf unterstem Niveau stattfinden, die mich ein wenig an meinem Menschenbild zweifeln lassen. Einige scheinen sich der nächste zu sein und halten sich nun wirklich für den dringlichsten Fall. Dieses und ähnliches müssen wir in der Kreisverwaltung uns jeden Tag und teilweise hoch aggressiv vorgetragen anhören. Dabei ist die Priorisierung nun einmal per Bundesverordnung eindeutig festgelegt. Da hat auch der Ethikrat mitgeredet und die Devise ist auch richtig: erst die Schwachen und besonders Gefährdeten und dann wir anderen. Bleiben sie deshalb solidarisch, alle kommen dran.

Für die kommenden Wochen bereiten wir uns alle in Niedersachsen auf die erhöhten Impfbedarfe vor. In unserer Region sind wir bereits top aufgestellt. Durch den Umzug ins neue Impfzentrum Hildesheim haben wir genug Kapazitäten, um auch den erwarteten großen Ansturm aufzufangen. Zusätzlich werden wir auch das Alfelder Impfzentrum noch für weitere Monate betreiben dürfen. Das war meine Absicht und ich bin froh, frühzeitig so entschieden zu haben. Mein Dank gilt auch hier meinen engagierten Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern sowie den Impfteams für ihren großen Einsatz. So erhalten wir mittlerweile fast täglich Lob und Anerkennung unsere Arbeit von zufriedenen Bürgerinnen und Bürgern. Danke für Ihr Lob, das hilft!

Jetzt kommt es darauf an, die Hausärzte schnellstmöglich in das Impfgeschehen zu integrieren. Ziel muss es aus meiner Sicht sein, die Impfzentren noch in diesem Jahr überflüssig zu machen. Das geht aber nur, wenn die Impfstoff-Lieferketten über die Apotheken zu den Hausärzten aufgebaut und gesichert werden. Dann können die Hausärzte ihre Patientinnen und Patienten direkt impfen. Bei über zirka 14.000 Arztpraxen in Niedersachsen ließe sich perspektivisch ein toller Impferfolg generieren. Das Land stimmt sich aktuell dazu mit der Kassenärztlichen Vereinigung zur weiteren Umsetzung ab, hoffentlich schnell.

Testen
Das Thema Testungen finde ich persönlich besonders misslich. Nicht das Testen an sich. Da gibt es zum Glück mittlerweile verlässliche Aussagen zur Wirksamkeit. Aber die Art und Weise des Umgangs mit den Tests und ihrer Qualität ist nach wie vor „ein weites Feld“. Medial wird momentan der Eindruck vermittelt, als ob der Staat hier eine einige Infrastruktur für Testungen aufbauen müsse. Das ist Unsinn. Einen Sicherstellungsauftrag des Staates oder der Kommunen gibt es nicht und wird es auch nicht geben. Schon deshalb nicht, weil der Staat dieses gar nicht umsetzen könnte. Er kann und muss aber die Rahmenbedingungen für den Aufbau einer flächendeckenden Infrastruktur schaffen. Das haben das Bundesgesundheitsministerium und die Bundeskanzlerin für bis Ende März zugesagt. Doch wer Erwartungen erzeugt, muss sich nachher nicht über Enttäuschungen wundern. Schließlich hatte das Gesundheitsministerium schon für Anfang März großspurig das flächendeckende Testen propagiert.

Einen kleinen Weg müssen wir aus meiner Sicht in Niederachsen bis zur Umsetzung der neuen kostenlosen Tests für Jedermann (Bürgertestung) noch zurücklegen. Aktuell finden die notwendigen Abstimmungen auf Landesebene mit der kassenärztlichen Vereinigung und dem Apothekerverband statt. Denn am Ende dürften auch hier in erster Linie die niedergelassenen Ärzte, die Zahnärzte und die zirka 1.900 Apotheken in Niedersachsen gefordert sein. Ergänzend können auch private Anbieter und die Gemeinden Testzentren anbieten.

Aber bei aller Kritik gehe ich fest davon aus, dass auch hier in den nächsten Wochen eine vernünftige und verlässliche Lösung gefunden werden wird. Bis dahin müssen wir uns vor Ort immer dafür rechtfertigen, warum es immer noch nicht klappt. Das ist nervig, insbesondere weil wir es kaum beeinflussen können. Hier bitte ich Sie einfach um Verständnis.

Ich gehe fest davon aus, dass uns auch in Zukunft bestimmte Regelungen und Maßnahmen aus dieser Pandemie weiter begleiten werden. Das ControlCOVID-Konzept des RKI ist beispielsweise der erste Schritt hierzu.
Ich appelliere daher an Sie alle: bleiben Sie konsequent und versuchen Sie bitte nicht die alte Normalität zu erzwingen; das wird nicht funktionieren.

In diesem Sinne bleiben Sie gesund.
Ihr Olaf Levonen"

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