Niedersachsens Innenministerin Daniela Behrens (SPD) befürchtet gesellschaftliche Spannungen angesichts der Entwicklung der Flüchtlingssituation in Deutschland. Man könnte mittelfristig an einen Punkt kommen, wo die gesellschaftliche Akzeptanz gefährdet wird, sagte sie am Wochenende der „Hannoverschen Allgemeinen Zeitung“. Niedersachsen habe im vergangenen Jahr rund 110.000 Kriegsvertriebene aus der Ukraine aufgenommen sowie mehr als 20.000 Asylbewerberinnen und -bewerber. Bisher habe man das gut organisiert und in enger Kooperation von Land und Kommunen hinbekommen, und das werde auch so bleiben - an den Diskussionen vor Ort merke sie aber, dass die gesellschaftliche Debatte schwieriger wird.
Als Folge forderte Behrens den Bund und EU zum Handeln auf: Geflüchtete müssten fairer auf die einzelnen EU-Staaten verteilt werden, und im Rahmen von Rücknahmeabkommen dafür gesorgt werden, dass Menschen, die die Asylgründe nicht erfüllen, zurückführt werden können. Derzeit lebten in Niedersachsen viele Menschen mit abgelehnten Asylanträgen, die aufgrund fehlender Pässe oder mangelnder Bereitschaft zur Rücknahme durch die Herkunftsländer nicht abgeschoben werden könnten. Das Asylrecht sei ein hohes Gut in Deutschland, so Behrens, insbesondere auch aus der historischen Verantwortung heraus. Wenn es aber ausgehöhlt werde, dann sei das ein Problem.
Die Gewerkschaft der Polizei (GdP) geht unterdessen davon aus, dass die Zahl der Flüchtlinge, die Deutschland erreichen, in den kommenden Monaten weiter deutlich ansteigen wird. Andreas Roßkopf, GDP-Verantwortlicher für den Bereich Bundespolizei, sagte heute in der „Neuen Osnabrücker Zeitung“, man stelle derzeit etwa 1.500 illegale Einreisen pro Woche an den Grenzen fest. Die Masse derer, die die Grenzen erreichten, werde mittlerweile von professionellen Banden durch Europa geschleust, die mit einer "Erfolgsgarantie" werben. Die Bundespolizei müsse deshalb technisch besser ausgestattet werden, etwa mit Drohnen, Kameras und moderneren Einsatzfahrzeuge. Feste Grenzkontrollen seien hingegen nicht leistbar, dafür hätte man viel zu wenig Personal.
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